Trauerrede für Gisela


Trauerfeier für Gisela Kleiner
verfasst und vorgetragen von Regina Bollinger

Termin: Freitag, 11. März 2022, 11 Uhr
Ort: Hauptfriedhof, Neue Halle

Musik zum Anfang – Cello – J. S. Bach

Ansprache
„Liebevoll, erfrischend-pragmatisch,
voller Herzenswärme, musikalisch,
Cello-Spielerin, Organisations-Talent,
reiselustig, intelligent, voller Energie,
gute Köchin, begabte Therapeutin,
leidenschaftliche Strickerin, kreativ,
Malerin und Zeichnerin,
spätberufene Camperin, spirituell,
beliebte Großmutter, Familienmensch.

Das alles und noch viel mehr war Gisela Kleiner.
Und wir sind heute hier, um ihr die Ehre zu geben,
sie zu würdigen, ihr Leben zu feiern
und um uns von ihr zu verabschieden.

Herzlich willkommen Ihnen allen 
zu unserer Trauerfeier für Gisela,
besonders an ihren Mann Frank-Jürgen,
ihre Tochter Sonja mit Juha,
ihren Sohn Jens mit Marion,
ihre Tochter Miriam mit Falco,
ihre Enkel Leopold, Ferdinand, 
Nepomuk, Nele, Anton, Kalle, Emil und Hugo,
ihr Schwestern Getrud und Maria,
ihre Weggefährten Ulrike und Horst,
ihre Angehörigen, Freundinnen und Freunde, 
Kolleginnen und Kollegen und Nachbarn.

Es gäbe passendere Orte oder Gelegenheiten,
um uns von Gisela zu verabschieden,
zum Beispiel mit einer Reise, einem Strick-Marathon oder dem Gestalten von Mandalas.

Und jetzt sind wir doch hier und 
müssen diesen schweren Tag ertragen.

Gisela hatte noch einige schöne Jahre verdient.
Wir haben immer Wünsche, Pläne und Hoffnungen.
Wahrscheinlich ist jedes Leben unfertig,
wenn der Tod kommt.

Wo bisher die tausend
kleinen und großen Dinge waren,
die das Leben mit Gisela
ausgemacht haben,
ist nun diese Leere,
die man nicht füllen kann und will.

Egal, was unser Verstand sagt,
und wie sehr wir uns 
zusammenreißen wollen:
Das Herz spürt diese große Lücke.
Auf einmal ist alles anders.

Wir alle sind im Trauern nicht geübt,
und darum müssen wir 
es schmerzlich lernen, jeder auf seine Weise.
Und wir fragen uns,
wo wir die Kraft dafür herbekommen.

Wir verlieren nicht nur
einen lieben Menschen,
sondern spüren auch,
wie nah der Tod uns selber kommt.

Und zugleich erinnern wir uns
an all die Verluste,
die wir schon erleiden mussten.

Trauer ist eine Zumutung. 
Für uns selbst und für andere.
Aber nur, wenn wir unsere Trauer 
den anderen Menschen zumuten,
können wir sie durchstehen.
Gemeinsam schaffen wir es.

Der Tod erinnert uns daran,
was wirklich wichtig ist.
Zum Beispiel die Liebe 
zur Familie und den Freunden.
Jetzt brauchen wir uns gegenseitig.

Zwar sind jetzt und hier
Ort und Zeit zum Traurig-Sein.
Aber erlauben Sie es sich, 
die Gefühle zu haben, 
die nun in Ihnen hochsteigen, egal, was es ist.

Es gibt in der Trauer 
nichts Richtiges oder Falsches.
Nichts ist verboten, denn die Trauer hat viele Gesichter.

So ehren wir einen Menschen sowohl mit unseren Tränen, unserem Lachen und unserer Erinnerung, 
als auch mit unserer Unsicherheit,
mit unserem Schweigen 
und unseren widersprüchlichen Gefühlen.

Wir wollen uns an Gisela erinnern.
Nicht alles wird zur Sprache kommen, was sie ausmachte.

Wir können nur 
Mosaiksteine zusammentragen.
Denn Jeder und Jede von Ihnen 
hatte sein eigenes Stück Geschichte mit ihr.

Gisela Drews, so war ihr Mädchenname,
wurde am 18. September 1944
in Eberswalde in Brandenburg geboren.
Schon von Kindheit an wurde
sie oft Küsi genannt.

Sie hatte noch drei Schwestern:
Mathilde, Gertrud und Maria.

Weil die Mutter an Tuberkulose erkrankte,
musste Mathilde, die Älteste, schon frühzeitig Verantwortung zuhause übernehmen,
was eine große Herausforderung war.

Ein Foto aus Giselas Kindheit, das ihr viel bedeutete,
zeigt sie als Kind mit traurigen Augen,
weil es damals eine schwierige Zeit war.
Vielleicht hat Gisela darum auch später mit sehr viel Herzblut 
Kinder in einem Kinderheim betreut.

In der Nachkriegszeit flüchtete die Familie 
nach Gifhorn in Niedersachsen.

Dort hat Gisela ihr Abitur gemacht und im Schulorchester ihren künftigen Mann Frank-Jürgen kennengelernt,
der wie sie Geige spielte. Später lag ihr das Cello mehr.

Gisela studierte Sozialarbeit und 
arbeitete dann im Jugendamt in Gifhorn.

Nach gesundheitlichen Problemen machte sie eine Ausbildung zur Psychotherapeutin.
Sie hatte erst eine eigene Praxis in Witten und später arbeitete sie im Bochumer Zentrum Neue Wege
zusammen mit Kolleginnen und Kollegen.

Sie liebte ihren Beruf und sagte mal,
Therapeuten seien wie guter Wein,
je älter, desto besser.

Gisela und Frank haben am
23. Mai 1969 in Gifhorn geheiratet.
Dann wurden ihre Kinder
Sonja, Jens und Miriam geboren.

Die Ferienreisen der Familie führten nach Dänemark,
ins Sauerland, den Harz und die Schweiz,
oft mit vielen Stationen auf dem Rückweg,
weil Gisela gar nicht nach Hause wollte.

Miriam erinnert sich noch
an ihre kleinen Wanderstiefelchen,
die sie in der Schweiz unbedingt haben wollte.

Als Sonja später in der ganzen Welt
unterwegs war, haben Gisela und Frank
sie dort besucht: in Indien, auf Sri Lanka und Hawaii.
Ihre Schwester Mathilde,
die in den USA lebt, hat Gisela auch
öfter besucht, und war in Florida, 
New Orleans und New Mexico.

Als Frank in Rente ging,
bekamen sie von Sonja, Jens und Miriam
die Erträge eines Sparvertrags geschenkt,
mit dem sie ein Wohnmobil mieteten,
um in einem langen Trip zum Nordkap zu fahren.
Es war der Beginn der Liebe zum Campen.

Frank und Gisela sind nach Mülheim gezogen, 
um näher an ihren Kindern und
auch später den Enkeln zu sein.
Für Nele, Anton, Leopold, Ferdinand,
Nepomuk, Kalle, Emil und Hugo
war sie eine begehrte 
und innig geliebte Großmutter.

Das Stricken war eine von Giselas
liebsten Beschäftigungen.
Sie bestrickte die ganze Familie.

Wenn sie Geschenke machte,
dann waren die immer sehr persönlich
und von praktischem Nutzen.
Und bis zuletzt war es ihr wichtig,
alle noch zu beschenken.
Für Nepos Geburtstag suchte sie
noch Schienbeinschoner aus.

Gisela war ein Organisationstalent.
Schon über 20 Jahre veranstaltete
sie die Familientreffen,
erst zuhause, später im Hotel
oder einer Ferienwohnung.

Und zu Weihnachten schrieb sie
einen Rundbrief über die Ereignisse des Jahres, 
der stets freudig erwartet wurde.

Sie war eine gute Köchin,
kaufte nur einmal in der Woche groß ein
und schaute in den Kühlschrank,
um sich inspirieren zu lassen.
Es schmeckte meist sehr gut,
außer in den Fällen, wenn Frank 
es hinterher „interessant“ nannte.

Bis zuletzt hat Gisela
noch Cellounterricht genommen.
Darum hören wir heute auch 
Cello-Stücke von Johann Sebastian Bach.

Das nächste Stück lädt nun dazu ein,
sich an schöne Momente mit Gisela zu erinnern.“

Musik – Cello

Fortsetzung Ansprache
„Eigentlich war Gisela gesund
und fit und voller Energie gewesen.
Vor einem Jahr hat sie noch gearbeitet.

Dann fühlte sie sich schlapp und müde
und meinte, sie bräuchte Urlaub.

Anfang Juli bekam sie die Diagnose
Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Für Gisela eigentlich keine Option:
‚Krebs? Hab ich nicht‘, meinte sie.

Der Krebs war schon weit fortgeschritten
und nicht operabel.
Die Chemotherapie musste abgebrochen werden, 
weil sie sie nicht vertragen hat.
Die Knochenmetastasen wurden bestrahlt.
Eine Schmerztherapie wurde begonnen.
Trotzdem ging es weiter bergab.

Gisela fragte: ‚Soll das so weitergehen?
Ich hätte gern mal wieder Lust zu etwas!‘

Die Immuntherapie in Köln
hat ihr noch am meisten geholfen.
Es war schön, dass sie
noch einmal einen Urlaub erleben durfte.
Und wenn sie strickte,
dann war das ein gutes Zeichen.

Die Fahrradrikscha-Fahrt, die die Kinder organisierten,
nach Kettwig und zurück
mit einem Picknick zu ihrem Geburtstag
war ein besonderer Höhepunkt.

Vieles hat sie in dieser Zeit verschenkt,
wie sie sagte ‚lieber mit warmen Händen‘,
aber das Cello blieb.

Und immer, wenn ihre Familie hoffte,
dass es besser werden könnte,
hat ihr das Schicksal zusätzliche Steine
in den Weg gelegt:
die Rippenfraktur, die Thrombose
und schließlich den Schlaganfall.

Es war Giselas ausdrücklicher Wunsch,
dass auf lebensverlängernde
Maßnahmen verzichtet werden soll.

Was Gisela besonders weh tat, war der Gedanke,
dass sie sich von ihrer Familie
verabschieden müsste.

Den Spruch auf ihrer Trauerkarte
hat sie selbst ausgesucht:
Das einzig Wichtige im Leben,
sind die Spuren der Liebe,
die wir hinterlassen, wenn wir gehen.

Und irgendwie war es typisch Therapeutin, 
dass Gisela ihre Familie
schon vor ihrem Tod bei einem
Teil der Trauerarbeit begleitete.

Die letzten Tage waren sehr wichtig für 
Frank, Sonja, Jens und Miriam.
Weil sie nicht mehr sprechen konnte,
zeigte Gisela auf ihre Wange,
wenn sie einen Kuss wollte.

Das Pflegebett stand im Wohnzimmer
mit Blick in den Garten,
einmal sogar bei Sonnenschein auf der Terrasse.
Ihre Familie war immer an ihrer Seite.

Ulrike kam, einem Impuls folgend, vorbei.
Sie sang das Halleluja-Mantra und sagte
man sollte sich vorstellen, 
dass Gisela nun auf einem Boot davonfährt.

Gisela ist am 17. Februar 
gegen viertel vor zehn morgens friedlich eingeschlafen.
Gisela Kleiner wurde 77 Jahre alt.

Sie ist ins Licht gegangen 
und zu einem neuen Abenteuer aufgebrochen.

Gisela und Frank waren 
52 Jahre verheiratet.
Wer so lange zu zweit war, der weiß gar nicht,
wie das nun gehen soll, nun nur noch
die Hälfte einer Einheit zu sein.

Wir wissen nicht, was uns nach dem Tod erwartet,
aber wir hoffen, dass da etwas ist,
wo wir hingehen und geborgen sind
und unsere Lieben uns erwarten,
die schon vorausgegangen sind.

Ihre Spiritualität und die Überzeugung,
dass es nach dem Leben weitergeht
haben Gisela und ihrer Familie am Ende sehr geholfen.

Auch wenn wir sterben, so ist das nicht 
das Ende unserer Beziehungen.
Wir sind nicht getrennt 
von unseren Lieben,
denn wir spüren einander doch weiterhin.

Mag sein, dass der Körper 
nicht mehr da ist,
doch Geist und Seele bleiben sich nah.
Es ist nur eine andere 
Art der Beziehung, aber keine Trennung.

Was wir auch nach dem Tod 
nicht verlieren, das ist die Liebe.
Wir spüren die Verbindung
die die Liebe geknüpft hat.
Sie wird nicht abreißen, 
keinen Tag und keine Minute.
Denn nur weil einer stirbt 
hört doch die Liebe nicht auf.

Was kann man Größeres 
von einem Menschen sagen
als dass er liebte und geliebt wurde?
Hat sie damit nicht alles erreicht?
Denn die Liebe ist die größte 
und wichtigste Aufgabe unseres Lebens.

Geben Sie Ihrer Trauer die Zeit, 
die Sie brauchen.
Gönnen Sie sich und anderen 
die eigene Art und Zeit des Trauerns.
Keine Worte der Welt können das heilen, 
was Ihnen jetzt wehtut.
Es gibt gerade keinen Trost.

An bekannten und vertrauten Worten
können wir uns festhalten und wärmen.
Darum lassen Sie uns 
zusammen das Vaterunser beten:

Vater Unser im Himmel, 
Geheiligt werde dein Name,
Dein Reich komme, 
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Irgendwann wird es hoffentlich so sein, 
dass die schönen Erinnerungen
uns nicht mehr zum Weinen,
sondern zum Lächeln bringen.

Irgendwann freuen wir uns 
dankbar an dem, was wir hatten.
Aber heute sind wir noch nicht so weit.

Wenn alle Tränen geweint sind,
wird am Ende ein Schatz 
schöner Erinnerungen bleiben,
voll Dankbarkeit und Leichtigkeit.
Am Ende bleibt nur noch Liebe.

Darum wollen wir mutig sein
und Gisela nun in Liebe loslassen.

Lasst uns Giselas Urne jetzt gemeinsam
auf ihrer letzten Reise begleiten.“

Musik zum Ende – Cello

VOR DER BEISETZUNG
„Lassen Sie uns gemeinsam
vor der Beisetzung den Text des Liedes 
„So nimm denn meine Hände“ zusammen laut lesen.

So nimm denn meine Hände 
und führe mich 
bis an mein selig Ende und ewiglich.
Ich mag allein nicht gehen, 
nicht einen Schritt:
wo du wirst gehn und stehen, 
da nimm mich mit.

Wenn ich auch gleich nichts fühle
von deiner Macht:
Du führst mich doch zum Ziele,
auch durch die Nacht.
So nimm denn meine Hände 
und führe mich 
bis an mein selig Ende und ewiglich.

BEISETZUNG

Mantra-Gesang zur Beisetzung

Am Ruheplatz
„Es ist ein schöner Ruheplatz.
den Gisela hier in der Natur hat.
Es ist gut, einen Ort zu haben,
wohin wir unsere Trauer tragen können.

Wir verabschieden uns jetzt 
von der Asche des Körpers, 
in dem Gisela Kleiner wohnte.
Ihre Seele ist nun frei.
Sie schaut uns von ihrer Wolke 7 aus zu.

Es ist Zeit, die Umarmung zu lösen.
Was Gisela einmal hier war, ist nicht mehr da.

Damit sind ihre Berührungen und ihre Stimme gegangen.
Künftig umarmen Sie sie in Ihren Herzen.

Wir sagen hier jedoch nur dem Körper ein Lebewohl,
aber nicht dem Geist von Gisela,
denn er bleibt in Ihnen allen lebendig.

Manchmal werden es 
kleine alltägliche Dinge sein,
die Sie an sie erinnern:
ein Mandala, ein Wohnmobil-Urlaub,
etwas Selbstgestricktes.
Und dann wird Ihnen 
Gisela ganz nahe sein.

Liebe Gisela Kleiner, liebe Küsi,
hab Dank für alles,
was Du gegeben hast,
für Deine Liebe, Deine Hingabe
und Deine Fürsorge. 
Wir danken Dir für Dein Sein
und alles, was wir von Dir lernen durften.
Dein Kreis hat sich geschlossen.

Wir geben Dir den Irischen Reisesegen mit:
Deine Wege mögen Dich aufwärts führen.
Freundliches Wetter begleite Deinen Schritt,
Wind stärke Deinen Rücken,
Sonnenschein gebe deinem Gesicht Glanz und Wärme.
Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott dich schützend in seiner Hand.

Erde zu Erde, Asche zu Asche
Staub zu Staub.

Liebe Gisela,
lass Deiner Seele Flügel wachsen
und sie in den Himmel steigen.
Gute Reise. Amen.“